Der Wüterich und sein frommer Sohn

Das Krautwickelessen des AKS bot wieder eine anregende Mischung aus gutem Essen und interessanten Einblicken in die Historie. Im Festvortrag ging es um Herzog Ulrich von Württemberg.

Junge, hübsche Französinnen waren ganz nach dem Geschmack des württembergischen Thronfolgers Christoph. Diese ziehe er allen schwäbischen Frauen vor, ließ er Hofbeamte in einem Brief wissen, in dem er auch noch mit seinen amourösen Erfolgen prahlt. Ausgerechnet Christoph, der vermeintlich fromme Reformer und pflichtbewusste Landesvater war also in Wahrheit ein Hallodri?

Prof. Dr. Franz Brendle

Die Antwort auf diese Frage lieferte am Freitagabend Professor Dr. Franz Brendle von der Universität Tübingen. Er war auf Einladung des Arbeitskreises Stadtgeschichte in die Metzinger Festkelter gekommen, um über Christoph und dessen Vater, den berüchtigten Herzog Ulrich von Württemberg, zu sprechen.

Der Historiker warf einen ebenso kurzweiligen wie erkenntnisreichen Blick auf einen Herrscher, der zum Mörder wurde und aus dem Land fliehen musste. Jähzornig, maßlos und machtbewusst war dieser Ulrich, der seine Frau schlug, seinen Stallmeister hinterrücks erstach und vor 500 Jahren versuchte, den Reutlingern ihre Freiheit zu nehmen.

Doch im 19. Jahrhundert wird Wilhelm Hauff in seinem Roman „Lichtenstein“ ein ganz anders Bild von Ulrich zeichnen. Hauff beschreibt einen Vertriebenen, dem das Volk wieder zu seinem Recht verhilft. Eine wirkmächtige Propaganda, wie Professor Brendle schilderte, die auch dazu führte, dass auf den Ruinen einer alten Ritterburg das heutige Schloss entstand.

Kultur und Kulinarik

Dr. Fritz Kemmler

Fake News und Agitation, Tugend und Laster, all das gab es ganz offenbar schon vor 500 Jahren, so der AKS-Vorsitzende Dr. Fritz Kemmler zum Festvortrag des Tübinger Professors.

Der Weg aus der Universitätsstadt ins Ermstal war am Freitag freilich ein Geduldsspiel. Brendle steckte, wie manch anderer Festgast, im Stau, der sich rund um Metzingen gebildet hatte. Zehntausende strömten in die Stadt, um sich ein Schnäppchen zu sichern. „Ich halte es für völlig verrückt, was heute passiert“, gestand Metzingens Oberbürgermeister Dr. Ulrich Fiedler in seinem Grußwort an die Festgesellschaft.<Dr. Fiedler>

Während sich die Einkäufer in den Shops der Outletcity dem Stress und der Hektik hingaben, erlebten die Besucher des Krautwickelessens einen entspannten Abend. Diese Mischung aus festlicher Geselligkeit, Musik und amüsanten Einblicken in die Vergangenheit wird es in dieser Form allerdings nicht mehr geben. Die Organisation des Krautwickelessens war für das Helferteam in jedem Jahr ein Kraftakt, schilderte der AKS-Vorsitzende Fritz Kemmler.

Die für ein solches Ereignis notwendige Zahl an Ehrenamtlichen zu finden, fällt ebenfalls zunehmend schwer. Deshalb hat der Geschichtsverein entschieden, das Krautwickelessen nicht mehr anzubieten, verspricht aber zugleich, für Ersatz zu sorgen. Stellvertretend für das Helferteam ehrte der AKS-Vorstand Elsbeth Götz, Ilse Schumm und Rolf Scheu für ihren großen Einsatz, mit dem sie das Krautwickelessen gemeinsam mit den vielen anderen Ehrenamtlichen zu einer Erfolgsgeschichte gemacht haben.
Begonnen hat diese Geschichte im Jahr 2008, wie Rudolf Renz, stellvertretender Vorsitzender des Geschichtsvereins, erklärte. Mit Blick aufs Metzinger Stadtwappen, das bekanntlich einen Krautkopf zeigt, war die Idee fürs Festmahl geboren. Geschmeckt hat die Kombination aus Kulinarik und Kultur all die Jahre einem treuen Stammpublikum, zu dem auch OB Fiedler zählte, der das Ende der Tradition bedauert: „Es waren immer hoch interessante, kurzweilig und amüsante Abende.“

OB Dr. Ulrich Fiedler

Fiedler bekannte zudem, sich in all den Jahren zu einem wahren Krautwickelexperten gemausert zu haben. Eins habe er dabei gelernt: Um gute Krautwickel kredenzen zu können, brauche es Zeit und damit ein Gut, das heute scheinbar niemand mehr besitze. „Die Dinge verändern sich in einer Geschwindigkeit, dass es einem schwindelig wird.“ Dabei bräuchten manche Dinge einfach Zeit, damit sie gelingen können.
Fiedler erinnerte unter anderem an die derzeit laufenden Planungen fürs neue Kombibad, für die Grünanlagen auf dem G &V-Areal und die damit verbundene Renaturierung der Erms. Darüber freue er sich besonders, so Fiedler: „Es gibt kaum etwas, was unsere Stadt in den letzten 200 Jahren so geprägt hat, wie die Erms.“

Ein Musterländle

Nachhaltig geprägt hat die Stadt und das Ermstal auch die Entscheidung von Herzog Ulrich, 1534 in Württemberg die Reformation einzuführen. Es war aber an seinem Sohn Christoph, die Staats- und Kirchenordnung im Land komplett neu zu ordnen. Ihn, den Liebhaber französischer Damen, schildern die Nachgeborenen in bewusstem Kontrast zu seinem jähzornigen Vater als frommen Protestanten, der Württemberg zu einem Musterländle der Reformation formte.

Geheiratet hat Christoph übrigens weder eine Französin noch eine Schwäbin, sondern die Tochter des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach.

Das bewährte Helferteam

Bilder von H. Kaut, zum Album bitte anklicken: